Warum es wichtig ist, Menschen am Entstehungsprozess von Unternehmenswerten und Leitbildern zu beteiligen

Ich erlebe in meiner Arbeit mit Arztpraxen immer wieder, dass es an klaren Werten und einem gemeinsamen Leitbild fehlt. Oft sind die Abläufe zwar eingespielt, aber jede*r im Team versteht unter „guter Arbeit“ etwas anderes. Entscheidungen werden aus dem Bauch heraus getroffen, Missverständnisse schleichen sich ein, und Konflikte entstehen nicht selten aus kleinen Unstimmigkeiten, die nie offen besprochen wurden.

In solchen Praxen höre ich oft Sätze wie: „Die Mitarbeiter*innen verstehen einfach nicht wie wichtig Thema XY ist“ oder „Es fühlt sich so an, als würden meine Mitarbeiter*innen gegen mich arbeiten.“ Das mag im Alltag zunächst unbemerkt bleiben, kostet aber auf Dauer Kraft, Zeit und Motivation – und wirkt sich nicht zuletzt auf die Patientenerfahrung aus. Wenn das Team nicht an einem Strang zieht, spüren das auch die Menschen im Wartezimmer und an der Anmeldung.

Ein klar formuliertes Leitbild und gelebte Unternehmenswerte können hier den Unterschied machen. Doch wirklich wirksam werden sie erst, wenn sie nicht „von oben“ vorgegeben, sondern gemeinsam erarbeitet werden. Denn Werte, die in einem offenen Prozess entstehen, tragen die Handschrift aller Beteiligten. Sie spiegeln nicht nur die Philosophie der Praxisleitung wider, sondern auch die Perspektiven und Erfahrungen des gesamten Teams.
Wenn Mitarbeitende aktiv an diesem Prozess teilnehmen, verändert sich ihre Haltung spürbar: Aus dem Gefühl, nur einen Job zu machen, entsteht das Bewusstsein, Teil von etwas Größerem zu sein. Die Identifikation mit der Praxis wächst, Motivation und Zusammenhalt nehmen zu. Gespräche werden offener, Entscheidungen transparenter, und es entwickelt sich eine gemeinsame Sprache, die Sicherheit und Orientierung gibt.

Diese Klarheit wirkt weit über den internen Bereich hinaus. Patientinnen und Patienten spüren, wenn ein Team mit einer Stimme spricht und seine Werte nicht nur kennt, sondern lebt. Jede Begrüßung, jede Beratung und jeder Handgriff wird zu einem Ausdruck dieser Haltung.
Auch Fortbildungen und Weiterentwicklungen greifen besser, wenn sie auf diesem Fundament aufbauen. Neues Wissen lässt sich leichter in den Alltag integrieren, weil alle verstehen, welchen Beitrag es zur gemeinsamen Vision leistet. Skepsis wird durch Neugier ersetzt, Veränderungen werden aktiv mitgetragen – oft sogar mit Begeisterung.
Eine so gelebte Werte- und Leitbildkultur stärkt nicht nur die Bindung innerhalb des Teams, sondern macht die Praxis nach außen attraktiv. In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, qualifizierte Mitarbeitende zu finden und zu halten, kann genau das den entscheidenden Unterschied ausmachen.

Wer einmal erlebt hat, wie sehr sich ein gemeinsamer Werteprozess auf Stimmung, Zusammenarbeit und Effizienz auswirkt, erkennt schnell: Hier geht es nicht um ein Papier, das in der Schublade verschwindet. Es geht um die Grundlage für eine erfolgreiche, zukunftsfähige und menschlich starke Praxis.

Jetzt mal ehrlich: Haben Sie die Werte Ihrer Praxis oder Ihres Teams und ein Leitbild schon festgelegt?
Wenn ja – großartig! Dann sehen Sie dies als freundliche Erinnerung, diese Punkte im nächsten Teammeeting noch einmal anzusprechen. So stellen Sie sicher, dass alle die Werte im Kopf haben und danach handeln.

Ihre Praxis hat noch keine Werte und kein Leitbild?
Dann nehmen Sie sich bitte die Zeit und erarbeiten Sie beides. Ihr Team, Ihre Patient*innen und nicht zuletzt Ihre eigene Arbeitszeit werden es Ihnen danken.



 
 
 
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